Wie sieht heute ein wirklich effizientes Risikomanagement aus?
Risikomanagement gestern konzentrierte sich vor allem auf die Daten der Vergangenheit. Risikomanagement morgen nutzt kluge Algorithmen und eine breite Datenbasis, um Vorhersagen über die wirtschaftliche Entwicklung zu treffen. Risikomanagement heute sitzt zwischen den Stühlen: Die Finanzchefs wissen, dass sich etwas ändern muss, aber an der Umsetzung hapert es.
„Vapiano rechnet erst für 2021 wieder mit Gewinn“, lasen wir im Mai im Handelsblatt über die Cashflow-Probleme der Restaurantkette. Man habe sich buchstäblich am eigenen Wachstum verschluckt, analysiert der Bericht, der offen lässt, ob die Investoren geduldig genug sind, um auf einen möglichen Turnaround zu warten. Da stellt man sich doch die Frage: Hätte man das vorhersehen können?
Fast täglich rasen Nachrichten durch die Ticker, über Unternehmen, denen das Geld ausgeht. Natürlich sind darunter auch Firmen, die aus der Zeit gefallen sind oder von Disruption bedroht und letztlich aufgefressen werden. Aber das würde man für Vapiano nicht gelten lassen. Hier geht es um die richtige Balance zwischen Wachstum und Tagesgeschäft, zwischen Investition und Gewinn. Und in diesen volatilen Zeiten sind die Herausforderungen für gutes Risikomanagement richtig hoch.
Aber genau diese volatilen Zeiten haben auch eine positive Seite für Finanzverantwortliche. Die Analyse- und Prognosemodelle werden in hoher Geschwindigkeit besser. Die großen Datenmengen von Big Data erlauben deutlich feinere Analysen, die präzisere Vorhersagen ermöglichen. Das rechtzeitige Erkennen von Risiken bedeutet auch, dass Sie die Chancen früher sehen können und davon kann das ganze Geschäftsmodell profitieren.
Sie wissen es, aber sie tun es nicht – es mangelt an der Nutzung effizienter Instrumente
Können! In der Praxis findet der Einsatz von Hightech nur sehr langsam Eingang in den Arbeitsalltag der Finanzmanager. In unserer Studie „The (R)Evolution of Risk Management“ zeigte sich, dass die Hälfte der Unternehmen noch immer damit kämpft, die wichtigen Daten im gesamten Unternehmen zu verteilen. Die sprichwörtlichen Datensilos behindern nicht nur die Optimierung des Alltagsgeschäfts, sondern auch das Risikomanagement.
Ein weiterer Hemmschuh ist die Tatsache, dass sich die allermeisten befragten Finanzdirektoren und Controller für unwissend in Sachen Technologie halten. Das ist insofern eine Überraschung, als die Job-Beschreibung dem Finanzkontrolleur doch eine gewisse evidenz-orientierte Pragmatik unterstellt. Doch hier – wie in so vielen Berufsbildern – gibt es Berührungsängste oder sogar die Befürchtung, durch technische Aufrüstung den eigenen Job in Frage zu stellen.
Dabei ist das Gegenteil der Fall und das zeigen zahllose Unternehmen, die über digitale Geschäftsmodelle zu starken Herausforderern der etablierten Platzhirsche werden, gerade weil sie Dinge anders machen. Einer jüngst veröffentlichen Studie von McKinsey zufolge, beschäftigen sich aktuell 50 Prozent der Mitarbeiter mit dem operationalen Teil des Finanzmanagements, vulgo: Rechnungen und Mahnungen schreiben. Und nur 15 Prozent arbeiten analytisch. Bis 2025 – so McKinsey – wird sich diese Relation fast umkehren. Dann arbeiten vier von zehn Kontrolleuren daran, aus den Daten Erkenntnisse für die Zukunft zu erlangen und nur noch ein Viertel der Belegschaft betätigt sich operativ. Den Rest macht die Maschine.
Die klare Mehrheit der Befragten arbeitet mit selbst entwickelten Analytics-Tools
Die größten Herausforderungen für Creditmanager
Das tägliche Handling der Beziehungen zu Partnern, Lieferanten und Kunden stellt das größte Problem dar.
Folgerichtig ist das Erstellen von präzisen Vorhersagen die zweite große Hürde. Die weiteren großen Herausforderungen sind:
Optimierung des Cashflows, Gewinnsteigerung und Datenintegration. Als wichtigste Einzelrisiken sehen die 1100 Befragten - von denen etwas mehr als die Hälfte aus kleinen und mittleren Unternehmen stammt - den potenziellen Kundenverlust oder den Verlust wichtiger Lieferanten, sei es durch technische Disruption oder schlicht eine Pleite.
Wahrnehmung der CFOs zu externen Branchenbedrohungen
Und die Unsicherheitsfaktoren sind in den letzten Jahren nicht kleiner geworden. Knapp zwei Drittel der Befragten findet die Situation genauso bedrohlich wie vorher. Etwas mehr als ein Viertel der Befragten fühlt mehr Unsicherheit. Und das hat viel mit externen Faktoren zu tun, die nicht im Einflussbereich des eigenen Unternehmens liegen. Das sind Welt- und Handelspolitik gleichermaßen wie technische Disruption. Und auch die gestiegene Innovationsgeschwindigkeit bereitet den Finanzmanagern Kopfzerbrechen.
Daten und Experten – kein Widerspruch?
Obwohl diese Risiken also bekannt sind und hoch eingeschätzt werden, tun sich die CFOs nach wie vor schwer, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Finanzmanager sollten aber eher die Führungsrolle übernehmen, wenn es darum geht, das Unternehmen weiter zu entwickeln. Denn selbst wenn die großen Entwicklungslinien klar sind, geht es oft um die vielen kleinen Kostenfaktoren, wenn das Unternehmen profitabel sein oder bleiben soll. Siehe Vapiano.
60 Prozent der wichtigen Daten verharren nach wie vor in Abteilungen und Silos und müssen mühevoll zusammengetragen werden. 50 Prozent der Manager geben an, dass der Datenfluss im Unternehmen nicht gut funktioniert. Und sogar 58 Prozent setzen ausschließlich auf selbst entwickelte Analytics-Werkzeuge.
Die Kombination von „Daten suchen“ und „Tools selbst entwickeln“ erzeugt eine fatale Mischung: Sie macht die Analyse langsam. Und so ist es kein Wunder, dass viele Unternehmen nach wie vor Excel-Pfade klassisch fortschreiben: sicherlich nicht die klügste aller Vorhersagemethoden.
Nur 40 Prozent der befragten Unternehmen haben eine Daten-Infrastruktur aufgebaut und nur 20 Prozent nutzen sie vollständig
Und so sind wir doch ziemlich überrascht, denn es zeigt sich zugleich, dass die Finanzmanager wissen, dass ihr eigenes Verhalten und die Art, wie Risiken kalkuliert werden, selbst ein Risiko für die profitable Geschäftsentwicklung darstellt. Offensichtlich ist den meisten Managern ziemlich klar, dass gute Prognosemodelle angesichts der großen Datenvielfalt heute nicht mehr von Hand zu erstellen sind.
Nutzen Sie unsere drei Handlungsempfehlungen:
- Sehen Sie den kontinuierlichen Wandel nicht als Risiko, sondern als Chance. Wer Daten schneller und präziser interpretieren kann, macht auf Dauer das bessere Geschäft.
- Investieren Sie in Tools und Lösungen: Das ist zwar auf den ersten Blick aufwändig, setzt aber auf Dauer Ressourcen frei, die im strategischen Finanzmanagement sinnvoller eingesetzt werden können.
- Entwickeln Sie das Know-how des Finanzteams von innen heraus, in dem Sie die strategische Geschäftsentwicklung auf die Agenda heben und dies auch gegenüber der Geschäftsleitung selbstbewusst vertreten.
Wenn Sie als CFO, Creditmanager oder Finanzverantwortlicher der Situation des kontinuierlichen Wandels positiv gegenübertreten, können Sie Ihr Unternehmen mit Hilfe von datengetriebenen Erkenntnissen näher an die Wahrheit bringen, um Pfade für ein nachhaltiges Wachstum zu finden.