Wie eine laufende Kundenüberprüfung Zeit und Ressourcen spart
Was geschieht, wenn der Name eines Kunden oder Lieferanten auf einer Watchliste erscheint? Wie ein Unternehmen mit dieser Frage umgeht, kann großen Einfluss auf die eigene Performance haben. In diesem Artikel erläutert Neil Isherwood, Compliance-Experte bei Dun & Bradstreet, was Daten für eine rasche, effektive Reaktion bedeuten.
Die Kundenüberprüfung – Know your Customer (KYC) – kann ein mühsamer Prozess sein. Der erste Schritt, die Erhebung von Identitätsdaten von Kunden oder Dritten, und die Überprüfung dieser Daten anhand von öffentlichen Daten, ist häufig aufwendig, da diese Daten möglicherweise in unterschiedlichen Verzeichnissen verschiedener Gerichtsbarkeiten gespeichert sind.
Bei der Prüfung müssen die Identitäten auch mit verschiedenen Watchlisten abgeglichen werden, von Sanktionen bis zu politisch exponierten Personen (PEPS) und negativer Berichterstattung in den Medien. Anschließend wird der Person eine Risikokategorie zugeordnet, die unter anderem bestimmt, wie häufig sie einer erneuten KYC-Überprüfung unterzogen wird. Personen mit hohem Risiko werden eventuell jährlich erneut überprüft; solche mit einer niedrigeren Einschätzung lässt man möglicherweise jahrelang ruhen.
Daraus ergibt sich ein fundamentales Problem. Wenn ein Verzeichnis von Direktoren und wirtschaftlich Berechtigten nicht auf dem neuesten Stand ist, werden möglicherweise die falschen Personen überprüft. Bei einem Geschäftsführer- oder Eigentümerwechsel könnte es Monate oder sogar Jahre dauern, bis eine Institution bemerkt, dass sie eine Geschäftsbeziehung zu einem Unternehmen unterhält, das mittlerweile im Besitz einer Person ist, die Sanktionen unterworfen oder mutmaßlich in kriminelle Machenschaften verwickelt ist.
„Die meisten Institutionen führen solche Überprüfungen wahrscheinlich in Ein-, Drei- oder Fünfjahresabständen durch, je nach Risikostufe“, erklärt Neil Isherwood, Compliance-Experte bei Dun & Bradstreet. „Drei oder fünf Jahre sind jedoch eine lange Zeit, in der sich viel verändern kann.“
Tritt beispielsweise ein Großrisikoereignis wie 2022 der russische Einmarsch in die Ukraine ein, kann dies eine groß angelegte Neubewertung der KYC-Datenbank auslösen, die die internen Ressourcen überstrapaziert, insbesondere wenn es um die wirtschaftlich Begünstigten von Unternehmen geht. Auch unter normalen Umständen führen periodische Überprüfungen zu Belastungsspitzen, die nicht immer leicht zu handhaben sind.
„Ein erheblicher Teil der Rückmeldungen, die wir bekommen, zeigt, wie ineffizient periodische Überprüfungen sind, da der komplette Datensatz erneut bewertet werden muss“, sagt Isherwood. „Der ganze Aufwand ist umsonst, wenn sich nur ein Faktor ändert und trotzdem der gesamte Prozess wiederholt wird. Kunden äußern sich besorgt im Hinblick auf anstehende Prüfungen für das nächste Jahr und bezweifeln, das mit ihren vorhandenen Ressourcen bewältigen zu können.“
Kontinuierliche Bewegung
Für Unternehmen, die KYC zu einer kontinuierlichen Praxis gemacht haben, verringert sich die Belastung allerdings erheblich. Die laufende Kundenüberprüfung (Perpetual-KYC oder kurz P-KYC) bedeutet zum Beispiel, „dass beim Wechsel eines einzigen Vorstandsmitglieds automatisch eine Benachrichtigung erfolgt, die Sie prüfen und gegebenenfalls freigeben“, erläutert Isherwood. „Gibt es keine Sanktionen, PEPs oder Ähnliches, bleibt die Ampel auf Grün. Sie müssen nicht die kompletten Eigentumsverhältnisse aufs Neue unter die Lupe nehmen, sondern nur das eine Element neu bewerten.“
Dadurch wird die Überprüfung schneller und effektiver. Das bedeutet, dass bei einem Ereignis wie dem russischen Einmarsch in die Ukraine nicht länger das Risiko besteht, dass die KYC-Daten auf einen Schlag veraltet sind. Auch eine groß angelegte Neuüberprüfung muss nicht mehr stattfinden, da wichtige Änderungen sofort erfasst werden, wenn sie eintreten und bei Aktualisierung von Sanktions- oder anderen Watchlisten über das Screening erfasst werden.
P-KYC ist nicht einfach eine Frage der Automatisierung. Unabhängig davon, wie intelligent ein automatisiertes System ist, hängt alles von der Qualität der verarbeiteten Daten ab. Ist diese schlecht oder sind die Daten nicht umfassend genug, sind die Ergebnisse unbrauchbar. Über eine API eingespeiste Daten-Feeds beispielsweise von Dun & Bradstreet sind häufig die Grundlage für den Erfolg, da die manuelle Erfassung von Daten aus vielen unterschiedlichen Quellen zu viel Zeit kostet, zu viele Fehler beinhaltet und trotzdem häufig zu unvollständig ist, um die Anforderungen zu erfüllen oder mit dem Tempo der Veränderungen Schritt zu halten.
Und auch mit P-KYC wird die menschliche Bewertung nicht abgeschafft – sie wird allerdings erheblich beschleunigt. Wird beim Abgleich mit einer Watchliste ein Name erkannt, sind es weiterhin die Compliance-Analysten, die überprüfen müssen, ob der Alarm berechtigt ist oder der Name nur dem einer anderen Person ähnelt – und das Ergebnis damit false positive ist.
Die KYC-Automatisierung ist nur dann eine gute Grundlage für schnellere Entscheidungen über false positive Ergebnisse, wenn sie mit hochwertigen Daten kombiniert wird. Studien von Dun & Bradstreet haben ergeben, dass die Zahl von false positive Treffern um bis zu 75 % sinkt, wenn die Namensanalyse mit zusätzlichen biografischen Daten angereichert wird. Da nicht nur Banken, sondern auch immer mehr Finanz- und Nichtfinanzunternehmen zu KYC verpflichtet sind, greifen immer mehr Betroffene für die Optimierung ihrer Datenressourcen auf externe Anbieter zurück.
Tempo, Effizienz und Kundenwert
KYC als kontinuierlichen Prozess und nicht als Start-Stopp-Verfahren zu gestalten, entlastet außerdem die Compliance-Abteilung. Hierbei werden nur diejenigen Unternehmen einer erneuten KYC-Überprüfung unterzogen, bei denen es wesentliche Veränderungen gegeben hat. Die Risikobewertungen können kontinuierlich aktualisiert werden und sind damit genauer. Die Informationen über die wirtschaftlich Begünstigten sind so immer auf dem neuesten Stand. Alle diese Faktoren verringern nicht nur den Zeit- und Arbeitsaufwand, sondern auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlern und Unachtsamkeiten.
Gerade bei Finanzinstituten kann P-KYC darüber hinaus auch das Onboarding neuer Kunden drastisch beschleunigen. Challenger-Banken mit rein digitalen Plattformen haben deutlich kürzere Onboardingverfahren als ihre traditionellen Wettbewerber. Dies ist insofern ein Wettbewerbsvorteil, als unübersichtliche KYC-Prozesse für Neukunden erhebliche Frustrationen bergen. False positive Ergebnisse können außerdem auch bestehende Geschäftsbeziehungen gefährden.
P-KYC ist nicht nur eine Kombination aus hochwertigen Daten und Automatisierung. Sie zeigt auch auf, welche Elemente automatisiert werden können und welche weiterhin menschlichen Eingriff erfordern, und etabliert somit neue Arbeitsmuster. Wenn Datenlieferanten ihr Angebot so optimieren, dass die Daten einfacher zu nutzen und in bestehende Systeme und Arbeitsabläufe zu integrieren sind, wächst das Potenzial für eine Form von KYC, bei der einerseits Stringenz und Risikominderung gewährleistet sind, und andererseits die Reaktionsschnelligkeit und Flexibilität beim Kundenservice erhalten bleiben.